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Ich schreibe an einem Anti Afd Roman, wie findet ihr die Idee
10.04.2024 um 00:51Mein Roman soll eine Warnung vor der Afd sein und zeigen, wohin die Reise mit der Afd gehen könnte.
Es ist ein Jugendroman, der aber auch von Erwachsenen gelesen werden kann.
Es geht um zwei 14jährige Teenagermädchen, Zwillinge, die mit ihrer besten Freundin alleine im zerbombten Trier zu überleben versuchen.
Zwei der Mädchen sind fanatische Afd Anhängerinnen, eine ist gegen das Regime.
Das neue Nazi-Deutschland befindet sich mitten im Krieg mit fast ganz Europa, und noch immer terrorisiert das Regime die Bürger.
Hier mal ein Auszug aus meinem Roman, ich würde mich freuen, wenn ihr mir sagt, wie ihr es findet.
Meint ihr, dass so ein Roman sinnvoll wäre, um bei Jugendlichen eine Abneigung gegen die Afd zu wecken, damit die den braunen Mist nicht wählen, wenn sie erst mal 18 sind?
22. Dezember 2039
Manche Dinge lernte der Mensch erst zu schätzen, wenn er sie nicht mehr hatte. Für die Zwillinge Helen und Sophie und ihre beste Freundin Marie war es ihr ganzes Leben lang selbstverständlich gewesen, immer genug zu essen und ein Dach über dem Kopf zu haben. Zwar hatten sie seit Kriegsbeginn im Supermarkt nur noch das einkaufen können, was auf den Lebensmittelkarten angegeben war, aber das hatte wenigstens noch halbwegs satt gemacht.
Erst jetzt, nachdem die drei Mädchen auf sich alleine gestellt waren und nichts mehr zu essen hatten, fühlten sie zum ersten Mal in ihrem Leben dieses schmerzhafte Nagen im Magen, das immer schlimmer wurde und ihnen fast den Verstand raubte. Ihre Gedanken kreisten nur noch ums Essen.
Sophie wurde ganz traurig, wenn sie daran dachte, wie sie als kleines Kind immer mit ihren Eltern und Helen auf dem Weihnachtsmarkt gewesen war. Dort hatten sie mit dem Karussell fahren dürfen und sie hatte am liebsten auf dem rosa Einhorn gesessen, und sich immer vorgestellt, sie wäre eine Prinzessin die gerade ein großes Abenteuer erlebt. Überall lag damals der Duft von Churros, gebrannten Nüssen, Bratwürstchen und anderen Köstlichkeiten in der Luft, und die Eltern hatten ihnen immer gebrannte Walnüsse gekauft, die oft noch warm waren, wenn man die Tüte in der Hand hielt. Und dann der herrliche Geschmack der knackigen süßen Zuckerkruste, vermischt mit dem nussigen Aroma, ...ach was hätte sie jetzt nicht alles für eine Tüte gebrannter Walnüsse gegeben. Ihr Magen knurrte genauso laut wie die Mägen der anderen Mädchen, weil sie seit gestern morgen nichts mehr gegessen hatten. Und da war es auch nur eine Taube gewesen, die sie mit einem geschickten Steinwurf erlegt und über einem Lagerfeuer gebraten hatten.
Aber jetzt war in dieser gruseligen Trümmerwüste keine einzige Taube zu sehen. In Friedenszeiten war der Hauptmarkt voller Tauben gewesen, die auf dem Boden liegede Essensreste aufpickten, doch jetzt sah man kaum noch welche hier.
Die Sternstraße, die zum Domfreihof führte, gab es nicht mehr, alle Häuser waren von den Bomben zerstört worden. Vom Dom stand nur noch ein einziger Turm, der inmitten der Trümmer traurig in den trüben Winterhimmel ragte.
Zu Füßen des Turmes hockte ein alter Mann mit rußverschmiertem Gesicht auf einem Steinhaufen und schrie immer wieder: "Alle sind tot! Meine ganze Familie! Dafür kille ich die Afd-Nazis! Die haben uns das angetan! Ich mach die alle kalt, den Höcke und alle anderen dieser Verbrecherbande! Und wenn ich zu Fuß nach Berlin laufen muss!"
"Das muss ich sofort dem Polinodi melden!"; ereiferte sich Helen, "so darf niemand über unseren Führer sprechen! Dafür geht der ins KZ! Wie kann der es wagen, auf den Führer zu schimpfen? Die Amis haben diese Bomben abgeworfen, diese eiskalten Mörder, die sind Schuld!"
"Die Amis sind Schuld, dass meine Mama tot ist!"; rief Marie wütend aus, "der Führer wird sie und alle anderen Opfer rächen! Heil Höcke!"
Und dann reckte sie ihren rechten Arm in die Höhe, machte demonstrativ den Höckegruß.
Sophie war so wütend, am liebsten hätte sie ihrer Schwester und auch ihrer besten Freundin eine geknallt, die hätten das echt mal beide verdient.
Aber sie wusste, dass das nichts nützen würde, denn Helen und Marie waren beide fanatische Anhänger des Höcke-Regimes. Wehe man sagte etwas gegen diese üble Nazibrut, dann rasteten die beiden sofort aus.
"Euer heißgeliebter Führer ist Schuld, dass wir hier in einer Trümmerwüste hungern und frieren müssen. Der hat unser aller Leben zerstört".
Sophie wusste, dass es sie Kopf und Kragen kosten konnte, so zu reden. Aber mittlerweile war ihr das egal, ihre Wut auf das Regime war einfach größer als ihre Angst, vom Polinodi verhaftet und gefoltert zu werden.
Polinodi, das stand für Politischer Notdienst, so hatte die Afd nach der Machtergreifung ihre neu installierte Geheimpolizei genannt.
Schon damals, im ersten Jahr von Höckes Diktatur hatten die Ledermäntel, wie Sophie sie insgeheim nannte, sehr viele Menschen abgeholt, die niemand jemals wiedergesehen hatte.
"Du hast kein Recht so über den Führer zu reden, das ist Volksverhetzung!"; brüllte Helen, während ihr Kopf flammendrot anlief, "das werde ich dem Polinodi melden!"
Ja, Sophie liebte ihre Zwillingsschwester, aber mit den Jahren war die Kluft zwischen ihnen immer größer geworden, auch weil Sophie Helen nicht verzeihen konnte, was diese ihrem Vater angetan hatte.
"Ach ja? So wie du damals Papa bei unserem Lehrer gemeldet hast? Nur wegen dir ist Papa vom Polinodi gefoltert und ins KZ gebracht worden!"
"Papa hatte das verdient, er ist ein Verräter, ein Roter. Das musste ich dem Polinodi melden. Papa hat gegen den Führer intrigiert und sowas müssen wir melden! Diese rote Pestbeule ist nicht mehr mein Vater!"
Fünf Jahre war das jetzt her. Der Vater war in einer kommunistischen Widerstandsgruppe aktiv gewesen, und unglücklicherweise hatte Helen das herausgefunden, und es dem Polinodi gemeldet.
Da waren die Ledermäntel zu ihnen nach Hause gekommen, hatten den Vater brutal verprügelt und dann mitgenommen.
So sehr sie Helen auch liebte, aber das würde sie ihr niemals vergeben können. Niemand wusste, ob ihr Vater noch lebte. Den Gedanken, dass er vielleicht längst tot war, wollte sie gar nicht erst zulassen, weil es für sie kaum zu ertragen war.
"Helen hat Recht. Euer Vater ist ein Verräter, und solche sind im KZ genau richtig. Du solltest ihn vergessen, denn unser wahrer Vater ist doch unser Führer, der ist Vater des ganzen Volkes, und er hat unser Land gerettet, er hat Deutschland wieder groß gemacht."
Marie stimmte Helen immer zu, sie waren beide begeisterte Mitglieder des Bundes deutscher Mädchen, auch BDM genannt. Sophie dagegen hatte es immer gehasst dorthin zu gehen.
"Schau dich doch mal um, Marie, wie blöde bist du eigentlich? Die ganze Innenstadt ist ein Trümmerhaufen, in dem es nach verwesenden Leichen stinkt, und wir alle hungern und frieren. Dein geliebter Führer hat uns diesen Scheiß hier eingebrockt, wann kapierst du das endlich?"
Maries Gesicht verzog sich zu einer hassverzerrten Fratze, ihre Augen funkelten eisig.
Sie deutete auf das Trümmerfeld zu beiden Seiten der Sternstraße, durch das jetzt zwei der Ledermäntel in Richtung Dom auf den immer noch laut schimpfenden alten Mann zugingen.
"Du solltest lieber nicht so freche Reden schwingen, Sophie. Da kommt der Polinodi, und ich melde dich, wenn du nicht endlich den Mund hälst."
Irgendjemand musste den alten Mann an den Polinodi verraten haben. Denunzianten und Spitzel gab es hier immer noch Massenweise, auch durch den Verlust des eigenen Zuhauses und vieler Familienmitglieder waren viele Deutsche nicht klüger geworden und immer noch radikale Nazis geblieben.
"Drecksnazibande, ich mach euch alle kalt! Ihr habt meine Familie auf dem Gewissen!"; brüllte der alte Mann, der immer noch auf dem Trümmerhaufen hockte, den Männern von der Geheimpolizei entgegen, "ihr hättet niemals an die Macht kommen dürfen, ihr seid schlimmer als der Teufel!"
Wütend hob er einen großen Steinbrocken auf und warf ihn nach den Männern, doch die beiden wichen rechtzeitig aus und dann erreichten sie den alten Mann, packten ihn und schlugen brutal auf ihn ein.
"Gut so, macht diesen Deutschlandhasser fertig, er hat unseren Führer beleidigt!"; rief Helen begeistert.
Sophie war entsetzt, was aus ihrer Schwester geworden war. Sie erinnerte sich noch genau daran, wie sie mit 6 Jahren mit ihren Eltern und Helen im Frankfurter Zoo gewesen war. Damals hatte Helen geweint und gesagt, wie leid es ihr täte, dass die armen Tiere dort alle eingesperrt werden.
Aber fast 10 Jahre Indoktrination durch die Nazis in Schule und BDM hatten jegliche Empathie bei Helen und vielen anderen Kindern und Jugendlichen zerstört. Viele kannten nur noch das Gift des Hasses und fanden es ganz normal, es selbst überall zu verspritzen.
Immer wieder prügelten die Ledermäntel auf den wehrlosen alten Mann ein, seine Jacke und sein Hemd waren bereits voller Blut.
"Hören Sie auf damit! Das ist ein hilfloser alter Mann, schämen Sie sich denn gar nicht!", schrie Sophie die beiden Männer an.
Sie wusste zwar, dass es gefährlich war, so etwas zu machen, aber in diesem Moment war ihre Wut stärker als ihre Angst und sie wollte dem alten Mann helfen.
Einer der beiden, ein bulliger Mann mit einem dümmlichen Gesichtsausdruck und typischer NS-Frisur grinste sie blöde an, und meinte dann: "Du hast aber ein schönes, gebärfähiges Becken, Mädel. Wird es für dich nicht langsam Zeit zu heiraten, und dem Führer viele Kinder zu schenken? Das ist doch alles wofür ihr Frauen gut seid, fürs Bett, fürs Kinderkriegen und für die Küche. Frauen, die frech das Maul aufreißen und dem Polinodi so dumm kommen, werden wir zeigen, wo es langgeht. Der Alte hier hat unseren Führer beleidigt und gegen die Partei gehetzt, dafür muss er die Konsequenzen tragen. Im KZ ist immer noch ein Platz frei. Wenn du noch mal so frech wirst, schicken wir dich auch nach Tscheljabinsk. Wird dir bestimmt gefallen, jetzt im Winter da 10 Stunden draußen im Schnee Appell zu stehen im KZ Hof. Das treibt wirklich jedem den Hochmut und die Durchtriebenheit aus."
Der alte Mann war mittlerweile bewusstlos geworden und sie packten ihn bei den Armen, und schleiften den blutigen, reglosen Körper durch die Sternstraße davon wobei ihre Gesichter völlig unbewegt blieben, Gesichter so kalt und hart wie Stein.
Sophie fühlte einen dicken Kloß im Hals und sagte nichts mehr. Sie fing an zu weinen, weil sie wusste, dass auch ihr Vater in dem Lager in der Nähe der Stadt Tscheljabinsk gefangen war, und sie fragte sich, ob er mit seinem Asthma überhaupt eine Chance hatte, das stundenlange Herumstehen in der Kälte zu überstehen.
Bestimmt war er längst tot, denn so etwas überlebte doch fast niemand.
Oh Nein, sie wollte nicht daran denken, dass sie ihn wohl niemals wiedersehen würde, das tat einfach zu weh.
Es waren noch andere Passanten unterwegs, die auf der Suche nach etwas Essbarem durch die zerbombte Innenstadt schlichen, die meisten hatten verhärmte Gesichter mit tief in den Höhlen liegenden Augen, die unbeschreibliche Schrecken erblickt hatten. Alle hatten mitbekommen, was der Polinodi dem alten Mann antat, aber niemand griff ein. Eine Frau, die ein paar mehlige Äpfel in den Armen trug, grinste sogar schadenfroh, während sie ihren Weg über den Domfreihof, vorbei an den Trümmern der Stadtbiblothek und des Restaurant Walderdorff fortsetzte.
Ein kleiner sehr magerer Junge, höchstens 10 Jahre alt, der trotz der eisigen Kälte kurze Hosen und einen mit Flicken ausgebesserten alten Mantel trug, machte den Höckegruß als er die beiden Ledermäntel sah. "Ich will später auch zum Polinodi!"; rief er den beiden zu, "da kann ich auch gegen die bösen Verräter die unserem Führer schaden wollen, kämpfen!"
Immer öfters hatte Sophie das Gefühl, ganz alleine in einer Welt voller Verrückter zu leben. Sie fragte sich, ob sie wirklich weiterhin mit Helen und Marie zusammenleben sollte, denn die beiden wurden immer fanatischer.
Seitdem Maries Mutter vor einem Monat beim letzten Bombenangriff gestorben war, war sie noch radikaler geworden und betäubte ihrer Trauer mit glühender Führertreue, redete über fast nichts anderes mehr als über den von ihr so hingebungsvoll geliebten Björn Höcke. Schon vor dem Tod ihrer Mutter hatte sie ihn sehr bewundert und wie viele junge Mädchen ihr Zimmer mit Höcke-Postern und Stickern vollgeklebt, außerdem besaß sie damals auch Tassen, T Shirts und andere Führer-Fanartikel.
Seit dem Tod der Mutter nahm sie nachts eine Höcke-Puppe, die sie aus den Trümmern ihres Elternhauses geholt hatte, mit ins Bett, und kuschelte sich jede Nacht an diese Puppe, während sie ich in den Schlaf weinte. Ihr war nicht klar, dass der Führer am Tod ihrer Mutter Schuld war, sie sah ihn nach wie vor als Erlöser.
Für Sophie war es ein wirkliches Dilemma. Ihr ganzes Leben hatte sie mit Helen und Marie verbracht, seit dem Kindergarten waren Helen und sie Maries beste Freundinnen. Aber die fanatische Verehrung der beiden für den Führer machte sie krank, sie konnte es kaum noch ertragen.
Sie war erst 9 gewesen, als der Polinodi ihren Vater weggebracht hatte, aber sie hatte nie vergessen, was er ihr und Helen ein paar Monate vor einer Verschleppung ins KZ gesagt hatte. "Egal was die Nazis euch in der Schule auch erzählen, ihr dürft es nicht glauben. Vergesst niemals, dass jeder Mensch gleich viel wert ist und es bei Menschen keine Rassen gibt. Mensch ist Mensch, egal welche Hautfarbe oder Religion. Egal was die Nazis euch sagen, hört nicht auf sie, hört immer auf euer Gewissen und bleibt anständige Menschen."
Niemals hatte Sophie diese Worte vergessen, und sie hatte sich geschworen, niemals so zu werden wie diese ganze üble Nazibrut
Und ihr wurde auch immer klarer, dass, wenn Helen und Marie nicht irgendwann endlich zur Vernunft kamen, sie sich von ihnen trennen und versuchen musste, alleine zu überleben.
Aber sie hoffte immer noch, dass die beiden bald begreifen würden, wie sehr die Nazis sie getäuscht und für ihre Zwecke missbraucht hatten.
Aber irgendwie hatte sie immer noch das Gefühl, die beiden beschützen zu müssen, damit sie sich nicht ins Unglück stürzten.
Beide träumten davon, sich freiwillig für die Front zu melden. Obwohl die Nazis der Ansicht waren, dass Krieg Männersache sei, nahmen sie jetzt auch Frauen, die sich freiwillig meldeten, da es an der Front nicht gut für sie stand.
Und auch Kinder und Jugendliche wurden gnadenlos in der Kriegsmaschinerie verheizt.
Wann wird dieser Wahnsinn endlich vorbei sein?, fragte sie sich voller Verzweiflung und Angst.
Original anzeigen (0,1 MB)
Es ist ein Jugendroman, der aber auch von Erwachsenen gelesen werden kann.
Es geht um zwei 14jährige Teenagermädchen, Zwillinge, die mit ihrer besten Freundin alleine im zerbombten Trier zu überleben versuchen.
Zwei der Mädchen sind fanatische Afd Anhängerinnen, eine ist gegen das Regime.
Das neue Nazi-Deutschland befindet sich mitten im Krieg mit fast ganz Europa, und noch immer terrorisiert das Regime die Bürger.
Hier mal ein Auszug aus meinem Roman, ich würde mich freuen, wenn ihr mir sagt, wie ihr es findet.
Meint ihr, dass so ein Roman sinnvoll wäre, um bei Jugendlichen eine Abneigung gegen die Afd zu wecken, damit die den braunen Mist nicht wählen, wenn sie erst mal 18 sind?
22. Dezember 2039
Manche Dinge lernte der Mensch erst zu schätzen, wenn er sie nicht mehr hatte. Für die Zwillinge Helen und Sophie und ihre beste Freundin Marie war es ihr ganzes Leben lang selbstverständlich gewesen, immer genug zu essen und ein Dach über dem Kopf zu haben. Zwar hatten sie seit Kriegsbeginn im Supermarkt nur noch das einkaufen können, was auf den Lebensmittelkarten angegeben war, aber das hatte wenigstens noch halbwegs satt gemacht.
Erst jetzt, nachdem die drei Mädchen auf sich alleine gestellt waren und nichts mehr zu essen hatten, fühlten sie zum ersten Mal in ihrem Leben dieses schmerzhafte Nagen im Magen, das immer schlimmer wurde und ihnen fast den Verstand raubte. Ihre Gedanken kreisten nur noch ums Essen.
Sophie wurde ganz traurig, wenn sie daran dachte, wie sie als kleines Kind immer mit ihren Eltern und Helen auf dem Weihnachtsmarkt gewesen war. Dort hatten sie mit dem Karussell fahren dürfen und sie hatte am liebsten auf dem rosa Einhorn gesessen, und sich immer vorgestellt, sie wäre eine Prinzessin die gerade ein großes Abenteuer erlebt. Überall lag damals der Duft von Churros, gebrannten Nüssen, Bratwürstchen und anderen Köstlichkeiten in der Luft, und die Eltern hatten ihnen immer gebrannte Walnüsse gekauft, die oft noch warm waren, wenn man die Tüte in der Hand hielt. Und dann der herrliche Geschmack der knackigen süßen Zuckerkruste, vermischt mit dem nussigen Aroma, ...ach was hätte sie jetzt nicht alles für eine Tüte gebrannter Walnüsse gegeben. Ihr Magen knurrte genauso laut wie die Mägen der anderen Mädchen, weil sie seit gestern morgen nichts mehr gegessen hatten. Und da war es auch nur eine Taube gewesen, die sie mit einem geschickten Steinwurf erlegt und über einem Lagerfeuer gebraten hatten.
Aber jetzt war in dieser gruseligen Trümmerwüste keine einzige Taube zu sehen. In Friedenszeiten war der Hauptmarkt voller Tauben gewesen, die auf dem Boden liegede Essensreste aufpickten, doch jetzt sah man kaum noch welche hier.
Die Sternstraße, die zum Domfreihof führte, gab es nicht mehr, alle Häuser waren von den Bomben zerstört worden. Vom Dom stand nur noch ein einziger Turm, der inmitten der Trümmer traurig in den trüben Winterhimmel ragte.
Zu Füßen des Turmes hockte ein alter Mann mit rußverschmiertem Gesicht auf einem Steinhaufen und schrie immer wieder: "Alle sind tot! Meine ganze Familie! Dafür kille ich die Afd-Nazis! Die haben uns das angetan! Ich mach die alle kalt, den Höcke und alle anderen dieser Verbrecherbande! Und wenn ich zu Fuß nach Berlin laufen muss!"
"Das muss ich sofort dem Polinodi melden!"; ereiferte sich Helen, "so darf niemand über unseren Führer sprechen! Dafür geht der ins KZ! Wie kann der es wagen, auf den Führer zu schimpfen? Die Amis haben diese Bomben abgeworfen, diese eiskalten Mörder, die sind Schuld!"
"Die Amis sind Schuld, dass meine Mama tot ist!"; rief Marie wütend aus, "der Führer wird sie und alle anderen Opfer rächen! Heil Höcke!"
Und dann reckte sie ihren rechten Arm in die Höhe, machte demonstrativ den Höckegruß.
Sophie war so wütend, am liebsten hätte sie ihrer Schwester und auch ihrer besten Freundin eine geknallt, die hätten das echt mal beide verdient.
Aber sie wusste, dass das nichts nützen würde, denn Helen und Marie waren beide fanatische Anhänger des Höcke-Regimes. Wehe man sagte etwas gegen diese üble Nazibrut, dann rasteten die beiden sofort aus.
"Euer heißgeliebter Führer ist Schuld, dass wir hier in einer Trümmerwüste hungern und frieren müssen. Der hat unser aller Leben zerstört".
Sophie wusste, dass es sie Kopf und Kragen kosten konnte, so zu reden. Aber mittlerweile war ihr das egal, ihre Wut auf das Regime war einfach größer als ihre Angst, vom Polinodi verhaftet und gefoltert zu werden.
Polinodi, das stand für Politischer Notdienst, so hatte die Afd nach der Machtergreifung ihre neu installierte Geheimpolizei genannt.
Schon damals, im ersten Jahr von Höckes Diktatur hatten die Ledermäntel, wie Sophie sie insgeheim nannte, sehr viele Menschen abgeholt, die niemand jemals wiedergesehen hatte.
"Du hast kein Recht so über den Führer zu reden, das ist Volksverhetzung!"; brüllte Helen, während ihr Kopf flammendrot anlief, "das werde ich dem Polinodi melden!"
Ja, Sophie liebte ihre Zwillingsschwester, aber mit den Jahren war die Kluft zwischen ihnen immer größer geworden, auch weil Sophie Helen nicht verzeihen konnte, was diese ihrem Vater angetan hatte.
"Ach ja? So wie du damals Papa bei unserem Lehrer gemeldet hast? Nur wegen dir ist Papa vom Polinodi gefoltert und ins KZ gebracht worden!"
"Papa hatte das verdient, er ist ein Verräter, ein Roter. Das musste ich dem Polinodi melden. Papa hat gegen den Führer intrigiert und sowas müssen wir melden! Diese rote Pestbeule ist nicht mehr mein Vater!"
Fünf Jahre war das jetzt her. Der Vater war in einer kommunistischen Widerstandsgruppe aktiv gewesen, und unglücklicherweise hatte Helen das herausgefunden, und es dem Polinodi gemeldet.
Da waren die Ledermäntel zu ihnen nach Hause gekommen, hatten den Vater brutal verprügelt und dann mitgenommen.
So sehr sie Helen auch liebte, aber das würde sie ihr niemals vergeben können. Niemand wusste, ob ihr Vater noch lebte. Den Gedanken, dass er vielleicht längst tot war, wollte sie gar nicht erst zulassen, weil es für sie kaum zu ertragen war.
"Helen hat Recht. Euer Vater ist ein Verräter, und solche sind im KZ genau richtig. Du solltest ihn vergessen, denn unser wahrer Vater ist doch unser Führer, der ist Vater des ganzen Volkes, und er hat unser Land gerettet, er hat Deutschland wieder groß gemacht."
Marie stimmte Helen immer zu, sie waren beide begeisterte Mitglieder des Bundes deutscher Mädchen, auch BDM genannt. Sophie dagegen hatte es immer gehasst dorthin zu gehen.
"Schau dich doch mal um, Marie, wie blöde bist du eigentlich? Die ganze Innenstadt ist ein Trümmerhaufen, in dem es nach verwesenden Leichen stinkt, und wir alle hungern und frieren. Dein geliebter Führer hat uns diesen Scheiß hier eingebrockt, wann kapierst du das endlich?"
Maries Gesicht verzog sich zu einer hassverzerrten Fratze, ihre Augen funkelten eisig.
Sie deutete auf das Trümmerfeld zu beiden Seiten der Sternstraße, durch das jetzt zwei der Ledermäntel in Richtung Dom auf den immer noch laut schimpfenden alten Mann zugingen.
"Du solltest lieber nicht so freche Reden schwingen, Sophie. Da kommt der Polinodi, und ich melde dich, wenn du nicht endlich den Mund hälst."
Irgendjemand musste den alten Mann an den Polinodi verraten haben. Denunzianten und Spitzel gab es hier immer noch Massenweise, auch durch den Verlust des eigenen Zuhauses und vieler Familienmitglieder waren viele Deutsche nicht klüger geworden und immer noch radikale Nazis geblieben.
"Drecksnazibande, ich mach euch alle kalt! Ihr habt meine Familie auf dem Gewissen!"; brüllte der alte Mann, der immer noch auf dem Trümmerhaufen hockte, den Männern von der Geheimpolizei entgegen, "ihr hättet niemals an die Macht kommen dürfen, ihr seid schlimmer als der Teufel!"
Wütend hob er einen großen Steinbrocken auf und warf ihn nach den Männern, doch die beiden wichen rechtzeitig aus und dann erreichten sie den alten Mann, packten ihn und schlugen brutal auf ihn ein.
"Gut so, macht diesen Deutschlandhasser fertig, er hat unseren Führer beleidigt!"; rief Helen begeistert.
Sophie war entsetzt, was aus ihrer Schwester geworden war. Sie erinnerte sich noch genau daran, wie sie mit 6 Jahren mit ihren Eltern und Helen im Frankfurter Zoo gewesen war. Damals hatte Helen geweint und gesagt, wie leid es ihr täte, dass die armen Tiere dort alle eingesperrt werden.
Aber fast 10 Jahre Indoktrination durch die Nazis in Schule und BDM hatten jegliche Empathie bei Helen und vielen anderen Kindern und Jugendlichen zerstört. Viele kannten nur noch das Gift des Hasses und fanden es ganz normal, es selbst überall zu verspritzen.
Immer wieder prügelten die Ledermäntel auf den wehrlosen alten Mann ein, seine Jacke und sein Hemd waren bereits voller Blut.
"Hören Sie auf damit! Das ist ein hilfloser alter Mann, schämen Sie sich denn gar nicht!", schrie Sophie die beiden Männer an.
Sie wusste zwar, dass es gefährlich war, so etwas zu machen, aber in diesem Moment war ihre Wut stärker als ihre Angst und sie wollte dem alten Mann helfen.
Einer der beiden, ein bulliger Mann mit einem dümmlichen Gesichtsausdruck und typischer NS-Frisur grinste sie blöde an, und meinte dann: "Du hast aber ein schönes, gebärfähiges Becken, Mädel. Wird es für dich nicht langsam Zeit zu heiraten, und dem Führer viele Kinder zu schenken? Das ist doch alles wofür ihr Frauen gut seid, fürs Bett, fürs Kinderkriegen und für die Küche. Frauen, die frech das Maul aufreißen und dem Polinodi so dumm kommen, werden wir zeigen, wo es langgeht. Der Alte hier hat unseren Führer beleidigt und gegen die Partei gehetzt, dafür muss er die Konsequenzen tragen. Im KZ ist immer noch ein Platz frei. Wenn du noch mal so frech wirst, schicken wir dich auch nach Tscheljabinsk. Wird dir bestimmt gefallen, jetzt im Winter da 10 Stunden draußen im Schnee Appell zu stehen im KZ Hof. Das treibt wirklich jedem den Hochmut und die Durchtriebenheit aus."
Der alte Mann war mittlerweile bewusstlos geworden und sie packten ihn bei den Armen, und schleiften den blutigen, reglosen Körper durch die Sternstraße davon wobei ihre Gesichter völlig unbewegt blieben, Gesichter so kalt und hart wie Stein.
Sophie fühlte einen dicken Kloß im Hals und sagte nichts mehr. Sie fing an zu weinen, weil sie wusste, dass auch ihr Vater in dem Lager in der Nähe der Stadt Tscheljabinsk gefangen war, und sie fragte sich, ob er mit seinem Asthma überhaupt eine Chance hatte, das stundenlange Herumstehen in der Kälte zu überstehen.
Bestimmt war er längst tot, denn so etwas überlebte doch fast niemand.
Oh Nein, sie wollte nicht daran denken, dass sie ihn wohl niemals wiedersehen würde, das tat einfach zu weh.
Es waren noch andere Passanten unterwegs, die auf der Suche nach etwas Essbarem durch die zerbombte Innenstadt schlichen, die meisten hatten verhärmte Gesichter mit tief in den Höhlen liegenden Augen, die unbeschreibliche Schrecken erblickt hatten. Alle hatten mitbekommen, was der Polinodi dem alten Mann antat, aber niemand griff ein. Eine Frau, die ein paar mehlige Äpfel in den Armen trug, grinste sogar schadenfroh, während sie ihren Weg über den Domfreihof, vorbei an den Trümmern der Stadtbiblothek und des Restaurant Walderdorff fortsetzte.
Ein kleiner sehr magerer Junge, höchstens 10 Jahre alt, der trotz der eisigen Kälte kurze Hosen und einen mit Flicken ausgebesserten alten Mantel trug, machte den Höckegruß als er die beiden Ledermäntel sah. "Ich will später auch zum Polinodi!"; rief er den beiden zu, "da kann ich auch gegen die bösen Verräter die unserem Führer schaden wollen, kämpfen!"
Immer öfters hatte Sophie das Gefühl, ganz alleine in einer Welt voller Verrückter zu leben. Sie fragte sich, ob sie wirklich weiterhin mit Helen und Marie zusammenleben sollte, denn die beiden wurden immer fanatischer.
Seitdem Maries Mutter vor einem Monat beim letzten Bombenangriff gestorben war, war sie noch radikaler geworden und betäubte ihrer Trauer mit glühender Führertreue, redete über fast nichts anderes mehr als über den von ihr so hingebungsvoll geliebten Björn Höcke. Schon vor dem Tod ihrer Mutter hatte sie ihn sehr bewundert und wie viele junge Mädchen ihr Zimmer mit Höcke-Postern und Stickern vollgeklebt, außerdem besaß sie damals auch Tassen, T Shirts und andere Führer-Fanartikel.
Seit dem Tod der Mutter nahm sie nachts eine Höcke-Puppe, die sie aus den Trümmern ihres Elternhauses geholt hatte, mit ins Bett, und kuschelte sich jede Nacht an diese Puppe, während sie ich in den Schlaf weinte. Ihr war nicht klar, dass der Führer am Tod ihrer Mutter Schuld war, sie sah ihn nach wie vor als Erlöser.
Für Sophie war es ein wirkliches Dilemma. Ihr ganzes Leben hatte sie mit Helen und Marie verbracht, seit dem Kindergarten waren Helen und sie Maries beste Freundinnen. Aber die fanatische Verehrung der beiden für den Führer machte sie krank, sie konnte es kaum noch ertragen.
Sie war erst 9 gewesen, als der Polinodi ihren Vater weggebracht hatte, aber sie hatte nie vergessen, was er ihr und Helen ein paar Monate vor einer Verschleppung ins KZ gesagt hatte. "Egal was die Nazis euch in der Schule auch erzählen, ihr dürft es nicht glauben. Vergesst niemals, dass jeder Mensch gleich viel wert ist und es bei Menschen keine Rassen gibt. Mensch ist Mensch, egal welche Hautfarbe oder Religion. Egal was die Nazis euch sagen, hört nicht auf sie, hört immer auf euer Gewissen und bleibt anständige Menschen."
Niemals hatte Sophie diese Worte vergessen, und sie hatte sich geschworen, niemals so zu werden wie diese ganze üble Nazibrut
Und ihr wurde auch immer klarer, dass, wenn Helen und Marie nicht irgendwann endlich zur Vernunft kamen, sie sich von ihnen trennen und versuchen musste, alleine zu überleben.
Aber sie hoffte immer noch, dass die beiden bald begreifen würden, wie sehr die Nazis sie getäuscht und für ihre Zwecke missbraucht hatten.
Aber irgendwie hatte sie immer noch das Gefühl, die beiden beschützen zu müssen, damit sie sich nicht ins Unglück stürzten.
Beide träumten davon, sich freiwillig für die Front zu melden. Obwohl die Nazis der Ansicht waren, dass Krieg Männersache sei, nahmen sie jetzt auch Frauen, die sich freiwillig meldeten, da es an der Front nicht gut für sie stand.
Und auch Kinder und Jugendliche wurden gnadenlos in der Kriegsmaschinerie verheizt.
Wann wird dieser Wahnsinn endlich vorbei sein?, fragte sie sich voller Verzweiflung und Angst.
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